In Folge 810 traf Roland Dr. Konstanze Brinkmann wieder, mit der er in Leipzig zusammen studiert hat. Konny kam für eine OP in die Sachsenklinik und die beiden freuten sich sehr über das Wiedersehen. Bei einem gemeinsamen Essen gestand Konny Roland, dass sie während des Studiums in ihn verliebt war und wegen ihm den Studienort gewechselt hat... Das Gespräch wurde jedoch plötzlich unterbrochen, als es Konnys Patientin schlechter ging und die OP vorgezogen werden musste.
So hätte es weitergehen können...
Nachdem Roland Martin nach Hause gebracht hatte, dachte er einen Moment darüber nach, nochmal zurück in die Klinik zu fahren, um zu sehen, ob die OP bereits vorbei war. Vielleicht könnten
Konstanze und er den Abend gemeinsam fortsetzen… Er schob den Gedanken schnell wieder beiseite. Die OP würde dauern und danach wäre sie bestimmt zu müde. Lieber ließ er den Abend zu Hause bei
einem guten Glas Rotwein ausklingen.
„Lisa, Jonas?“, rief Roland, als er seine Wohnung betrat. Keine Antwort. Hatten die beiden gesagt, dass sie heute etwas vor hatten? Er überlegte angestrengt. Ach ja – Lisa wollte bei einer Freundin übernachten und Jonas hatte Karten für irgendein Konzert. Roland zog sich die Schuhe aus und ging in die Küche, um eine Flasche Wein zu öffnen. Dann machte er es sich auf dem Sofa bequem. Er schaltete den Fernseher ein und zappte ein wenig durch die Programme. Schnell merkte er jedoch, dass er überhaupt nicht bei der Sache war.
Gedankenverloren ließ Roland seinen Blick durch das Wohnzimmer schweifen. Wie so oft blieb sein Blick an einem Foto hängen „Ach Pia….“, seufzte er.
Doch ganz unvermittelt holte ihn auch die Erinnerung an Konny wieder ein. Ihr Geständnis, damals sehr verliebt in ihn gewesen zu sein, beschäftigte ihn. Er stand
auf und ging in sein Arbeitszimmer. Schnell fand er, wonach er gesucht hatte. Mit einem Fotoalbum unter dem Arm, kehrte Roland auf das Sofa zurück.
Gleich die ersten Aufnahmen stammten von einem der Konzerte. Der junge Roland schien auf der Bühne ganz in seinem
Element zu sein.
Zunächst suchte Roland nach Konny. Sie stand seitlich, etwas abseits der Bühne und lächelte schüchtern in Rolands Richtung.
Gleich darauf entdeckte er die junge Frau in der ersten Reihe. Sie tanzte, lachte und himmelte den Gitarristen an.
Roland streifte mit dem kleinen Finger über das Bild. Ja, Pia war schon immer eine quirlige Frau gewesen. Ihre Fröhlichkeit war ansteckend und die Grübchen in ihren
Wangen wenn sie lachte, sah Roland genau vor sich. Er hatte sich damals Hals über Kopf in Pia verliebt. Dass Konstanze so für ihn empfunden hatte, war ihm bis eben nicht bewusst gewesen. Er hatte
auch nie darüber nachgedacht, was gewesen wäre, wenn die Beziehung zu Pia nicht gehalten hätte. Doch nun stellte er sich genau diese Frage „Hätte ich mit einer anderen Frau jemals so glücklich
werden können, wie mit Pia an meiner Seite?“ Roland nahm einen tiefen Schluck Wein. Das war eine Frage, die unmöglich zu beantworten war. Er war mit Pia sehr glücklich gewesen, so viel stand
fest. Sie hatten auch schwierige Zeiten erlebt, jedoch standen sie immer zueinander und waren füreinander da. Pia hatte die Gabe, sofort zu merken, wenn es ihm nicht gut ging und meistens wusste
sie dann auch, wie sie reagieren musste. Niemand kannte ihn so gut, wie Pia.
Roland blätterte ein paar Seiten im Fotoalbum weiter. Als nächstes kamen Bilder von ihrer ersten gemeinsamen Reise. Sie hatten sich ein Interrail-Ticket gekauft und
waren mit dem Zug durch halb Europa gereist. Ein Foto ließ ihn schmunzeln – Pia vor dem Eiffelturm, wie sie gerade ihre Frisur fürs Foto zurechtrückte. Ein bisschen eitel war sie immer gewesen.
In der Anfangszeit ihrer Beziehung vielleicht noch besonders. Ob sie geahnt hatte, dass Roland noch eine andere Verehrerin hatte? Frauen hatten sowas ja manchmal im Gespür.
Schließlich kamen nochmal einige Fotos vom Studium, auf denen Konny wieder zu sehen war. Bilder von einer Kostümparty, auf der sie ausgelassen zusammen feierten.
Auf einem Bild tanzte er sogar mit ihr. Während er ein Foto nach dem anderen anschaute, erinnerte er sich immer genauer an den Abend. Pia war nicht dabei gewesen, sie war übers Wochenende mit
Freundinnen unterwegs. Konny war an dem Abend außergewöhnlich ausgelassen gewesen, vermutlich, weil sie ihn einmal für sich alleine haben konnte, dachte Roland nun rückblickend. Davon hatte er
damals natürlich nichts geahnt.
"Oder wollte ich es nur nicht wahrhaben?", murmelte Roland. Plötzlich wurde ihm ganz unbehaglich zumute. Ihm wurde bewusst, dass Konny Leipzig nur wenige Tage
später verlassen hatte.
Roland konnte seine Gedanken gar nicht richtig ordnen. Er brauchte dringend jemanden zum Reden, jemanden der seine Zweifel ernstnehmen und ihm einen Rat geben
würde. Ohne zu zögern griff er nach seinem Handy.
"Hallo Kathrin! Ich weiß, es ist schon spät", entschuldigte er sich direkt, "aber können wir uns sehen...?"
Kathrin kannte ihren Freund lange genug. Sie wusste, dass Roland nicht der Mann der großen Worte war. Aber diesmal entging ihr die Dringlichkeit in seiner Stimme
nicht. "Ich kann hier leider nicht weg, Hanna schläft. Aber Du kannst gerne noch vorbeikommen!"
Kurze Zeit später klingelte Roland - mit einer neuen Flasche Wein in der Hand - bei Kathrin.
"Ich hab uns was mitgebracht", grinste er verlegen, als sie ihm die Türe öffnete.
Während Kathrin noch ein paar Knabbereien auf den Tisch stellte, hatte Roland es sich auf der Couch schon bequem gemacht.
"Du wirkst ein wenig angespannt", stellte sie fest.
"Ach Kathrin!", seufzte Roland.
"Na komm schon, raus damit!", munterte sie ihren Freund auf und so begann Roland ohne Umschweife zu erzählen. Er endete schließlich mit der Frage, die er auch
Martin gestellt hatte und die unbeantwortet geblieben war: „Denkst du manchmal darüber nach, wie dein Leben verlaufen wäre, wenn du zu einem bestimmten Zeitpunkt eine andere Entscheidung
getroffen hättest?“ Kathrin sah ihm direkt ins Gesicht und lachte kurz auf. „Ich denke unentwegt darüber nach. Was wäre gewesen, wenn ich damals mit Lukas‘ Vater zusammen geblieben wäre? Was wäre
gewesen, wenn wir Florians Tumor früher entdeckt hätten und er nicht gestorben wäre? Vielleicht wären wir dann immernoch zusammen, vermutlich würde es Hanna dann aber nicht geben. Was wäre
gewesen, wenn ich mich nicht auf Alexander eingelassen hätte?“
„Was wäre gewesen, wenn ich damals mit Konny zusammen gekommen wäre, statt mit Pia?“, fragte Roland leise. Kathrin wollte gerade einen Schluck Wein trinken und
hielt abrupt inne. Sie starrte ihn an. „Was hast du gerade gesagt?“, fragte sie. Roland wollte seine Frage wiederholen, doch Kathrin wehrte ab. „Nein, ich habe dich schon verstanden, ich war nur…
überrascht.“
„Ist das so schlimm, so etwas zu denken? Nur, weil Pia tot ist?“, fragte Roland und merkte dabei, wie er wütend wurde.
„Wärst du denn damals gern mit Konny zusammen gekommen?“, fragte Kathrin vorsichtig.
Roland musste über seine Antwort nicht lange nachdenken. „Nein, natürlich nicht. Ich war bis über beide Ohren in Pia verliebt und sie in mich. Wir waren glücklich,
da war überhaupt kein Platz für eine andere Frau.“
„Ich habe Euch und Eure Beziehung immer bewundert“, gestand Kathrin, „ihr habt so viel zusammen erlebt, aber ihr habt Euch nie verloren und wart nach so vielen
Jahren immer noch verliebt. Einen Menschen zu treffen, bei dem man so sein kann, wie man ist und dem man vertrauen kann, das hätte ich mir auch gewünscht.“
„Ich vermisse sie“, Rolands Blick wurde glasig, „jeden einzelnen Tag!“
Kathrin nickte, „das verstehe ich sehr gut!“, sie rückte näher an Roland heran und nahm ihn in den Arm.
„Hab ich mich eigentlich mal richtig bei Dir und Martin für die Unterstützung in den letzten Monaten bedankt?“, Roland brachte schon wieder ein leichtes Lächeln
über die Lippen.
„Roland….“, doch Roland unterbrach sie, „nein nein, das ist nicht selbstverständlich! Ohne Euch hätte ich das alles gar nicht schaffen können!“, Kathrin war
gerührt, sie wusste gar nicht, was sie darauf antworten sollte. Kurz entschlossen drückte sie ihm einen Kuss auf die Wange.
Die beiden verbrachten noch einen gemütlichen Abend zusammen. Nachdem Roland mit Kathrin gesprochen hatte, fühlte er sich schon deutlich besser. Er wusste, dass er
Konny eine Chance geben würde, sollte die Zeit für sie beide jetzt gekommen sein. Auch wenn er nicht wusste, was daraus werden würde und ob es überhaupt funktioneren könnte. Er fühlte sich
irgendwie zu Konny hingezogen und freute sich, sie am nächsten Tag wieder zu sehen. Vielleicht konnten sie ihr unterbrochenes Essen sogar fortsetzen! Und dann würde er sich einfach überraschen
lassen...